Voltaire-Übersetzer: Wilhelm Christhelf Sigmund Mylius

Wilhelm Christhelf Sigmund Mylius, (* 2.5.1754 in Berlin – † 31.3.1827 in Berlin). Sein Vater war der Jurist Christhelf Mylius (1733 – 1777), seine Mutter Dorothea Spener. Seltsamerweise benutzt weder der Wikipediaartikel noch das Germersheimer Übersetzerlexikon die Geschichte der Familien Mylius‚ (von Johann Carl Mylius, Buttstädt 1895), die wir unserer kurzen Vorstellung hier zugrunde legen.

Wie sein Vater studierte W.C. S. Mylius zunächst Jura, begann aber nach dem Tode des Vaters mit seiner Übersetzertätigkeit. Er übersetzte aus dem Französischen (Molière, Le Sage..), aber auch aus dem Englischen und Lateinischen (ausführlich dazu der Artikel im Germersheimer Übersetzerlexikon).

Besonderen Verdienst erwarb er sich als Übersetzer (gemeinsam mit S..r und B..e [evtl. Johann Joachim Christoph Bode]) und Herausgeber der bis heute umfangreichsten, 29 bändigen Voltaire Werkausgabe in deutscher Sprache (Voltair’s, Sämmtliche Schriften. Übersetzt von Wilhelm Christhelf Sigmund Mylius u.a., 29 Bd. Berlin, (Wever [Sander]) 1786-1794.).

Voltaires Candide übersetzte Mylius 1778 – er war damals gerade einmal 24 Jahre alt. Es ist eine sehr freie Übersetzung , die sich bis in unsere Zeit gehalten hat und immer wieder nachgedruckt wurde. Hier, wie Mylius zwei unserer „Referenzstellen“ (aus der Rezension v. R. Neuhaus der Candide-Übersetzung von Tobias Roth aus d. J. 2018) ins Deutsche übertrug:

1. Voltaire: Remarquez bien que les nez ont été fait pour porter des lunettes, aussi avons-nous des lunettes.
Mylius: „Betrachtet zum Beispiel Eure Nasen. Sie wurden gemacht, um Brillen zu tragen und man trägt auch welche.“

Das wäre auch so gegangen: „Merkt Euch, daß Nasen dazu gemacht sind, Brillen zu tragen, daher trägt man auch welche.“

2. Mylius‘ Übersetzung des dritten Satzes des Candide (Il avait le jugement assez droit, avec l’esprit le plus simple; c’est, je crois, pour cette raison qu’on le nommait Candide) zeigt seht gut, wie selbstbewußt er mit dem Text umging:
„An Kopf fehlte es ihm eben nicht und doch war er offen, rund, und ohn alles Arg. Eben deswegen, glaub‘ ich, nannte man ihn – die Französische Sprache ist ja einmal die Muttersprache der teuschen Grossen – Candide, welches verdolmetscht heisst Bieder oder Freimut.“ Das würde sich heute kein Übersetzer mehr getrauen.

Mylius starb unverheiratet und in ziemlicher Armut in Berlin am 31. März 1827.