Volker Reinhardt, Voltaire, eine Biographie, Rezension (5.2): Am Hof des Kriegerkönigs

Völliges Unverständnis zeigt Reinhardt, wenn es um die Frage geht, warum Voltaire, obwohl er um die Risiken wußte, 1750 trotzdem nach Potsdam/Berlin übersiedelte. Reinhardt unterschätzt die Bedeutung, die für Voltaire Bündnisgenossen im Kampf gegen die Kirche hatten und zweitens nimmt er die intellektuelle Beziehung zwischen Friedrich und Voltaire nicht ernst, reduziert sie von Seiten Friedrichs auf das Interesse nach Zerstreuung, die ihn Voltaire als Hofnarren nach Berlin kommen ließ. Das ist nicht falsch, aber nur die eine Seite der Medaille, die Briefe Friedrichs sprechen eine völlig andere Sprache und zeugen von einem ernsthaften geistigen Interesse am Dialog mit Voltaire.
Was Voltaire betrifft, so bot das Leben an der Seite eines der mächtigsten Herrscher, der zudem Freimaurer war, den großen Reiz, tiefe Einblicke in das Funktionieren der Macht zu gewähren, die er in Frankreich niemals erhalten hätte. Das Thema der Freimaurerei: Bei Reinhardt Fehlanzeige – um so seltsamer, als fast alle Freunde Voltaires Mitglieder in Freimaurerlogen waren.