Voltaire-Übersetzer: Karl Franz Romanus

Karl Franz Romanus (* 21.8.1731 in Leipzig – † 20.4.1787 in Dresden) stammte aus einer alten Leipziger Familie, deren männliche Mitglieder meist Juristen im Staatsdienst waren. Sein Onkel war Bürgermeister von Leipzig, sein Vater Carl Friedrich Ratsherr und Stadtrichter.

Über seine Biographie ist wenig bekannt, nur dass er in Leipzig Jura studierte und ab 1755 in Dresden eine Karriere im Staatsdienst machte (höchste Position 1779: „Geheimer Kriegsrat“).
Romanus verfasste einige, damals gern gespielte Komödien in deutscher Sprache und war Herausgeber und Übersetzer des Essay sur les moeurs (1760-62) und der Vermischten Schriften Voltaires (1768 – 1775).
Im Vorwort zu seiner Werkausgabe Voltaires betont Romanus die Bedeutung gut gemachter Übersetzungen und kündigt für den ersten Band deutlich verbesserte von Mikromegas und von Zadig an, außerdem Erstübersetzungen von zahlreichen Stücken, die „nach der neuesten Genfer Ausgabe von den Werken des Herrn von Voltaire gefertigt“ wurden.
Anhand der Artikel-Reihenfolge läßt sich rekonstruieren, dass es sich dabei um die bei Cramer 1768ff erschienene Werkausgabe Voltaires handelt, von der insbesondere die Bände mit den kurzen, philosophischen Texten (die mélanges) der Bände 14 – 17 in die Vermischte Schriften eingegangen sind.

Für die (erstmalige) Übersetzung des Essay und für die 6 bändige Werkausgabe Voltaires wird Romanus mehrere Jahre Arbeit benötigt haben, die er neben seiner Arbeit in den Staatskanzleien Dresdens leistete. Es ist zu hoffen, dass es ihm gelang, wenigstens einen Teil davon im Staatsdienst zu erledigen, so dass er noch genügend Zeit für die anderen schönen Dinge des Lebens hatte.

Lesen wir noch kurz ein Beispiel für die Qualität seiner Übersetzung aus der Erzählung Memnon (erster Satz):
[Memnon conçut un jour le projet insensé d’être parfaitement sage. Il n’y a guère d’hommes à qui cette folie n’ait quelquefois passé par la tête.]
Romanus: „Memnon fasste eines Tages den unsinnigen Vorsatz, vollkommen weise zu sein. Dieses ist eine Thorheit, von der die meisten Menschen zuweilen befallen werden.“
Ilse Lehmann (1950): „Memnon faßte eines Tages den törichten Entschluß, wahrhaft weise zu werden. Es gibt wohl kaum einen Menschen, in dessen Kopf dieser Wahn nicht auch schon einmal gespukt hätte“.

Die Variante Romanus‘ verdient den Vorzug, weil sie kurz und prägnant ist und dadurch den Witz des französischen Originals eingängig vermittelt.

Lebenslauf

  • 21.8.1731 wird Karl Franz Romanus als Sohn von Dr. Carl Friedrich Romanus, Ratsherr u. Stadtrichter in Leipzig, und Juliana Romanus, geb. Jacobi geboren.
  • 1747 Immatrikulation im Fach Rechtswissenschaften, Universität Leipzig
  • 1747-1755 Student und Verfasser der Komödien Die unerwartete Veränderung/Die Brüder/Das Tarokspiel/Der Wechselschuldner/Die Schwiegermütter, die in Leipzig auf dem Theater von Heinr. Gottf. Koch aufgeführt wurden.
  • 1755 Romanus wird Sekretär beim Grafen Christian von Loss (Staatsminister) in Dresden, mit dem seine Karriere wohl auch weiterhin verbunden war.
  • 1756 sein Stück Crispin als Vater wird in Leipzig aufgeführt
  • 1759 Romanus wird Steuersekretär
  • 1760/62 erscheint Voltaires Essay sur les moeurs in der Übersetzung von Romanus unter dem Titel Versuch einer allgemeinen Weltgeschichte in vier Bänden. (Dresden: Walther)
  • 1761 Die Sammlung seiner Komödien (Die Brüder/Crispin als Vater/Der Wechselschuldner/Das Tarokspiel/Der Vormund) erscheint in der Gröllschen Buchhandlung (Dresden und Warschau) mit einem Vorwort, in dem er die Bedeutung seiner Stücke als Gelegenheitsdichtungen einschätzt.-
  • 1769 Romanus wird geheimer Referendar
  • ab 1768 übersetzt und veröffentlicht Romanus auszugsweise die bei Cramer erscheinene Werkausgabe Voltaires in 6 Bänden: Voltaire, Vermischte Schriften (Dresden: Walther)
  • 1771 Hof und Justizrat
  • 1778 erscheinen in Dresden, in Romanus‘ Übersetzung, die beiden Lustspiele von Philippe Néricault Destouches Der Verleumder und Der Unschlüssige
  • 1779 Wirklicher Geheimer Kriegsrat, d.i. ein Berater des Landesfürsten in militärischen Angelegenheiten, Mitglied eines recht exklusiven Kriegsrats
  • 20.4.1787 Karl Franz Romanus stirbt in Dresden im Alter von nur 56 Jahren.

Links/Sekundärliteratur

  • Rudolf Regeniter: Karl Franz Romanus. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des deutschen Lustspiels. Phil. Diss. Heidelberg 1901.
  • Zum literarischen Schaffen vgl. Karl Goedeke: Grundrisz zur Geschichte der deutschen Dichtung. 3 Aufl., fortgeführt durch Edmund Goetze. Bd. IV,1. Abt. Dresden 1916.