Über die Toleranz

Traité sur la tolérance 1763 à l`occasion de la mort de Jean Calas.

Hier schreibt Voltaire in vollem Aufruhr nach dem Justizmord an Jean Calas, eines Toulouser Baumwollhändlers und Hugenotten. Letzteres war Calas‘ einziges Vergehen: er war Hugenotte, gehörte nicht der katholischen Kirche an. Voltaire fordert zur Zivilisierung der Menschheit zuallererst Toleranz. Darunter versteht er aber nicht, wie heute so viele, dass man ohne Sinn und Verstand alles herausplappern können soll, was einem in den Kopf kommt und auch nicht, dass man seinem Todfeind jederzeit, auf allen Kanälen Propagandaplattformen bieten muss („Pressefreiheit in Kuba“).

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Philosophisches Taschenwörterbuch:
Tolerance – Toleranz (Inhaltsangabe)

Toleranz und Humanität gehören zusammen. Die einzelnen Religionen müssen hinnehmen, dass es außer ihnen auch andere gibt. Das war in Rom bis Konstantin so, erst mit ihm und dem Christentum begannen die Verfolgungen: Die ganze Welt sollte christlich sein. Also waren sie notwendigerweise Feinde der ganzen Welt, bis zu deren Bekehrung. Auch untereinander bekämpften sich die verschiedenen christlichen Varianten: „Kaum hatte Konstantin der christlichen Religion zur Macht verholfen, zerrissen sich Athanasier und Eusebier auch schon gegenseitig und seither versinkt die Kirche in Blut, bis auf unsere Zeit. Selbst die Juden („das intoleranteste und grausamste Volk des ganzen Altertums“) waren nachgiebiger, wie einige Beispiele aus der Bibel zeigen. „Wir haben es in seinen unsinnigen Gräueln nachgeahmt, jedoch nicht in seinem Großmut“. Religionshass findet man meist im Volk, wird dort geschürt; die Herrschenden nutzen ihn für ihre Zwecke aus, selbst verbünden sie sich, wenn es ihnen Vorteile bringt, mitunter mit feindlichen Religionen.

Voltaire schließt den Artikel mit diesem Rat: „Habt ihr bei euch zwei Religionen, werden sie sich die Kehle durchschneiden, habt ihr dreißig, leben sie miteinander in Frieden. Seht den Großtürken: Er regiert die Parsen, die Banianen, die griechischen Christen, die Nestorianer, die Römer. Der erste, der Unruhe stiftet, wird gepfählt und alle Welt ist friedlich“.

Toleranz an der Schmerzgrenze.

Jüdische Allgemeine, Berlin 12.2.2015 (von Micha Brumlik). Voltaire, weiß Brumlik, ist keineswegs so fortschrittlich, wie er immer erscheint, denn Voltaire sei antijüdisch und islamophob gewesen. Daß Voltaire alle Offenbarungsreligionen und deren Kirchen, einschließlich der christlichen, abgelehnt hat, schreibt er nicht.

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