Le Fanatisme ou Mahomet le prophète, Tragédie en cinq actes 1742
Der Prophet Mahomet liebt Palmire. Er lässt, um Palmire für sich zu haben, ihren Bruder und ihren Vater vergiften. Als sich angesichts dieser Bluttaten und ihres eigenen Schicksals Palmire das Leben nimmt, lässt Mohammed alle Spuren verwischen, um weiterhin als tugendhafter Prophet dazustehen. Voltaire legt die Wurzeln des religiösen Fanatismus bloß und zeigt die Verlogenheit der Priester, angefangen mit den Religionsstiftern selbst, deren Absichten ganz weltlich diesseitig sind. Versteckt hinter der Kritik am Islam ist der eigentliche Gegner das Christentum. Das Stück wurde, am 25.4.1741 uraufgeführt, in Lille ein Triumph, in Paris nach einer gefeierten ersten Aufführung verboten und erst 10 Jahre später wieder gezeigt. Peter Hacks zum Versuch Voltaires, durch den Transfer in eine andere Religion das Stück zu schützen: „Religionsstifter ist Religionsstifter und Offenbarung ist Offenbarung. Eine Krähe hackt der anderen und ein Kardinal einem Mullah kein Auge aus. ‚Mahomet‘ ist ein Stück über Politik. Er ist das Unzumutbarste, das sich einer Obrigkeit zumuten lässt: ein Stück über die Fortsetzung der Politik mit christlichen Mitteln.“(Werke 14, S.477)
Voltaire erreichte trotzdem, dass Papst Benedikt XIV. 1745 dem Stück seine Empfehlung gab – hier war seine Islam-Maskerade doch erfolgreich! ‚Mahomet‘ wurde von Goethe auf Anraten Herzog Carl Augusts 1802 ins Deutsche übertragen und bearbeitet.
Wie alle Theaterstücke Voltaires wird Mohammed heute kaum mehr aufgeführt.* Eine Ahnung über die Ursache für diesen Boykott erhält man, wenn man sich den Versuch einer Schauspieltruppe vor Augen führt, aus Anlass der Feiern zum 300. Geburtstag Voltaires in Genf im Jahre 1993 das Stück aufzuführen. Sie beantragte dafür – wie andere für ihre Schauspielprojekte auch – öffentliche Zuschüsse. Die Kreise um die fanatischen Moslems Tariq und Hani Ramadan entfachten sofort eine Medienkampagne, als deren Folge der grüne Kultusminister des Kantons, Alain Vaissade, einknickte und durch Verweigerung der Zuschüsse die Aufführung zum Kippen brachte – er will das natürlich aus ganz anderen Gründen getan haben (über Tariq Ramadan hat die Journalistin Caroline Fourest ein lesenswertes Buch geschrieben: „Frère Tariq“, erschienen bei Grasset, 2004, in dem sie auch die Genfer Mahomet-Affäre erwähnt. Für Interessierte haben wir hier eine Chronik der damaligen Ereignisse zusammengestellt). Wenn auch die Islambrüder vielleicht einem Missverständnis aufsaßen, denn es geht ja Voltaire gar nicht um den Islam alleine, so tat dies der grüne Vaissade keineswegs, denn: „Bis heute bleiben Dramen, in welchen das Christentum beim Namen genannt ist, ungespielt. Das Christentum, was es sonst immer sei, ist das Thema, worum das Theater einen Bogen schlägt“. (Peter Hacks, Werke 14, S.478).
*zum 300. Geburtstag 1993 in Freiburg mit einem sehr schön gemachten Programmheft aufgeführt.
In Ulm 2015 wieder aufgeführt, allerdings unter dem kaschierten Titel ‚Im Namen von‘ in fünf Aufzügen von Andreas von Studnitz nach Voltaire und Johann Wolfgang von Goethe. Theater Ulm, 4.10. (Premiere) – 22. 12. 2015. Besprechung der Aufführung: Im Namen von (pdf)
2017 führte eine Gruppe um den Regisseur Andrej Togni in Genf das von Tobias Roth neu übersetzte Werk in einer tschadorkompatiblen Version auf. Unsere Rezension zu Prophet 3.0 (so der Titel) fand ihre Zustimmung nicht.
Als Einzelausgabe:
o Die Schwärmerey, oder Mahomet der Prophet, Ein Trauerspiel, in: Sechs Schauspiele, Braunschweig, Hamburg 1748, Stück 2 (BV-200679 )
o Mahomet der Lügenprophet, Wien 1749 (BV-200680)
o Mahomet der Prophet und [Les Scythes] die Scythen, Zwei Trauerspiele, Übersetzt von Johann Friedrich Löwen, Leipzig 1768 (Heineck) und Kopenhagen 1768 (Faber) (BV-200681)
o Mahomet, Trauerspiel in 5 Aufzügen, nach Voltaire, übersetzt von Johann Wolfgang von Goethe, Tübingen 1802 Cotta, 109 S, (BV-200551)
o Der Fanatismus oder Mohammed, übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Tobias Roth, Berlin: Verlag das kuturelle Gedächtnis, 2017, 175 S. (BV-201205)
In Sammlungen:
o Die Schwärmerey, oder Mahomet der Prophet, Ein Trauerspiel, in: Sechs Schauspiele, Braunschweig, Hamburg 1748, Stück 2 (Bd.1, Seite: , (BV-200679)
o Mahomet der Lügenprophet, Wien 1749 (Bd.1, Seite: , (BV-200680)
o Mahomet, der falsche Prophet (übersetzt von C.S.F. von S.), Graz 1764 (Bd.1, Seite: , (BV-201089)
o Des Herrn Arouet von Voltaire sämmtliche Schauspiele, nebst den dazu gehörigen Schriften, aus dem Französischen von verschiedenen Federn übersetzet, Bd. 1 - 5, Nürnberg, bey (Gabriel Nicolaus Raspe), 1766-1771 (Bd.2, Seite: 333 - 416, (BV-200550)
o Mahomet der Prophet und [Les Scythes] die Scythen, Zwei Trauerspiele, Übersetzt von Johann Friedrich Löwen, Leipzig 1768 (Heineck) und Kopenhagen 1768 (Faber) (Bd.1, Seite: , (BV-200681)
o Mahomet, Trauerspiel in 5 Aufzügen, nach Voltaire, übersetzt von Johann Wolfgang von Goethe, Tübingen 1802 Cotta, 109 S, (Bd.1, Seite: , (BV-200551)
o Der Fanatismus oder Mohammed, übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Tobias Roth, Berlin: Verlag das kuturelle Gedächtnis, 2017, 175 S. (Bd.1, Seite: 175, (BV-201205)
Weitere Angaben in der Bibliothek Voltaire Suchmaschine, dort bei ‚Kurztitel (dt)‘ ‚Mohammed der Prophet‘ auswählen ):