Andrea Weisbrod, Madame de Pompadour und die Inszenierung der Macht, Berlin: Aviva 2014, 206 S.

Weisbrod Pompadour

Kunsthistorikerin vom Fach, hat Andrea Weisbrod dreizehn Jahre nach ihrer Promotion (Von Macht und Mythos der Pompadour, im Helmer Verlag erschienen) eine ausgesprochen lesenswerte zweite Annäherung an das Thema vorgelegt und man kann ihr nur dafür dankbar sein, daß sie sich dieser Mühe unterzogen hat. Damit kein falscher Eindruck entsteht: die Anstrengung merkt man dem Text nicht an, ganz im Gegenteil.

Es ist ein leicht, fast beschwingt geschriebenes Buch, das den Leser bei der Hand nimmt und ihn in das Reich des absolutistischen Frankreich Mitte des 18. Jahrhunderts einführt. Daß dies anschaulich anhand der berührenden Porträtgemälde der Pompadour, die sie selbst bis ins Detail geplant hat, geschieht, stellt den besonderen Reiz dieses Buches dar und daß es gelingt, wie es gelingt, ist das Ereignis, das es uns als Leser erleben läßt.

Das Thema ist sicherlich nicht neu, Madame de Pompadour, die als Bürgerliche zu höchster Macht aufgestiegen ist, hat nicht nur ihre Zeitgenossen fasziniert. Immer wieder hat ihre Freundschaft mit Voltaire Beachtung gefunden, den sie –  weil sie von der Abneigung Ludwig XV. gegen Voltaire wußte – nur vorsichtig unterstützen konnte (Andrea Weisbrod spricht hier vielleicht ein wenig zu beschwingt vom ‚Flirt‘ der Madame de Pompadour mit der Aufklärung verband – aus unserer Sicht war es eher eine tiefreichende Liebe als ein Flirt). Auch andere Personen des Philosophennetzwerkes haben ihr höchste Staatsämter zu verdanken, so zum Beispiel Choiseul und – ohne Fortune – Richelieu. All dies ist grundsätzlich bekannt und schon behandelt worden.  Aber erst die  Analyse der Gemäldeporträts durch den geschulten Blick einer Kunsthistorikern zeigt uns hinter der selbst- und machtbewußten Madame de Pompadour eine äußerst sensible, liebende  Person, einen Menschen, der zuletzt in einem goldenen Käfig gefangen war und unsäglich gelitten hat, ohne dabei Selbstmitleid zu empfinden.

Nun liegt in der Darstellung von Leid bei Personen, die selbst anderen vielfaches Leid zugefügt haben – und Madame de Pompadour hat das ohne Zweifel getan – , immer die Gefahr einer Parteinahme mit der falschen Seite. An keiner Stelle des Buches ist Andrea Weibrod dieser Gefahr erlegen. Das Verständnis, das ihre Bildanalyse ermöglicht, führt nicht zu sentimentaler Vereinnahmung. Es ist ein wenig wie bei Voltaires Geschichte Karl XII: Wir ahnen, mit welch hohem Einsatz die Protagonistin gespielt, gewonnen hat, um mit 43 Jahren, von diesem Spiel entkräftet und ausgezehrt, zu sterben.

Für jeden, der die Atmosphäre Versailles, dem ja Voltaire nur knapp entkommen ist, verstehen will, ein hilfreiches, dabei kurzweiliges und äußerst lehrreiches Buch.