Philosophisches Taschenwörterbuch:
Luxe – Luxus (Kommentare)

Hintergrund:
In diesem Artikel, wie in diversen anderen Werken, verteidigt Voltaire den Luxus. So in seinem Gedicht Le Mondain, seinen Schriften La Défense du Mondain ou apologie du Luxe; Observations sur MM Jean Lass, Melon et Dutor… le commerce, le luxe, les monnaies et les impôts; im Kapitel 81 des Essai sur les moeurs und in den Idées républicaines, seiner Antwort auf den contract social von Rousseau (1762).
Voltaire richtet sich vor allem gegen christliche Feinde des guten Lebens und Armutsprediger. Er zeigt, dass sich, was als Luxus empfunden wird, im Lauf der Zeit und abhängig von der sozialen Stellung stark verändert.

Die folgenden Kommentare zu einzelnen Textstellen beziehen sich mit ihren Seitenangaben auf die von uns bei Reclam herausgegebene Ausgabe des Philosophischen Taschenwörterbuchs (2020): :

Anmerkung 1 (Seite 289, 1 Absatz: „Möchten die Prediger, dass man den Reichtum verscharrt…?“):
Voltaire schrieb in seinen Republikanischen Ideen: „Ein Gesetz gegen den Luxus….hieße, das Handwerk um seinen rechtmäßigen Verdienst zu bringen, den es mit den Reichen macht; das hieße, diejenigen die ein Vermögen erworben haben, um ihr natürliches Rechts zu berauben, es zu nutzen; das hieße, jeglichen Gewerbefleiß zu ersticken, die Reichen und die Armen zugleich zu schikanieren“ (Voltaire, Rep. Ideen hrsg. v. Günther Mensching, XX). Das richtet sich gegen Rousseau, der die Luxusproduzenten als Produzenten ‚unnützer Dinge‘ bezeichnete, auf die er hohe Steuern zu erheben empfiehlt – als da wären: „Livréen, Equipagen, Spiegel, Kronleuchter, wertvolle Möbel, Stoffe und Vergoldungen, Ehrenhöfe und Gärten in Stadthotels, private Schauspiele aller Art und unnütze Berufe wie Possenreißer, Sänger und Gaukler“ (n. Fetscher, Rousseaus politische Philosophie, S.229).

Anmerkung 2 (S.289 „Der Luxus Athens hat in allen Bereichen bedeutende Menschen hervorgebracht“): Über die Vorteilhaftigkeit des Luxus schrieb Voltaire in der Schrift Observations sur MM Jean Lass, Melon et Dutor… le commerce, le luxe, les monnaies et les impôts, dass die hohe Staatsausgaben bei Colbert zur Kultivierung der Gesellschaft beigetragen hätten, denn: „Das Geld muss zirkulieren, um alle Handwerke zu entwickeln, um die Erzeugnisse der Menschen zu kaufen“. Es bringt also nichts, wenn man es zurückhält, spart, oder gar den Erwerb selbst verurteilt.

Anmerkung 3 (S.290, 1. Absatz: „Ich weiß nicht wie es kam, ..wo das Verbot, selbst gesäten Weizen zu exportieren, unerträglich ist..“): Voltaire wehrte sich ab 1759, als er in Ferney landwirtschaftliche Produkte nach Genf verkaufen wollte, gegen staatliche Exportverbote, er forderte Handelsfreiheit für den Weizen.

Anmerkung 4 (S.290, letzter Absatz: „was sagte man nicht alles gegen die Scheren, als sie erfunden wurden“): analoge Beispiele (eine Gabel zum Essen benutzen) finden sich etwa bei Norbert Elias (Geschichte der Zivilisation, 1.Bd, S.87), der nach A. Cabanès, Moeurs intimes du temps passé (1904), von dem kirchlichen Verdikt gegen eine byzantinische Prinzessin berichtet, nur weil sie zum Essen eine Gabel benutzt hatte. Voltaire hatte etwa über Dom Calmet Zugang zu kulturhistorischen Quellen dieser Art.