Philosophisches Taschenwörterbuch:
Athée -Atheismus Inhaltsangabe

 




Wer als Atheist bezeichet oder denunziert wurde, hatte in vielen Gesellschaften – mit Ausnahme Roms – Verfolgungen zu erleiden.
Der Denunziation und Verurteilung des Sokrates in Athen entsprach im 17. Jahrhundert die besonders schändliche Verfolgung von Lucillio Vanini, der 1619 in Toulouse als Ketzer verbrannt wurde, obwohl er eher das Gegenteil von einem Atheisten war. Später waren Malebranche, Bayle, Descartes und Pascal Opfer solcher infamen Anklagen wegen Atheismus.
Bayle beantwortet die Frage, ob eine Gesellschaft aus Atheisten möglich wäre, positiv; Voltaire meint dagegen, dass solche Gesellschaften auseinanderfallen müssten, weil der Einzelne ohne Todesfurcht, die von den drohenden Strafen im Jenseits ausgeht, sich nicht an die allgemeinen Gesetze halten würde. Bayles Gegenbeispiel Chinas sei nicht überzeugend, weil auch dort die Gesetze immer im Namen einer höheren Macht erlassen worden seien.
Andererseits seien Atheisten fast niemals Fanatiker, da sie vernunftgeleitet leben. Man müsse aber verhindern, dass sie im Volk zu viel Einfluss bekommen, weil sonst, wie es in Rom geschah, der Staat aufgrund unmäßigen Individualismus‘ zusammenbreche.
Dem komme entgegen, dass es unter den vernünftigen Leuten auch immer weniger Atheisten gebe, seit die Lehre vom Hervorgehen jedes Lebewesens aus einer Keimzelle (wie der Pflanze aus einem Samenkorn) erwiesen sei. Dadurch stehe fest, dass das Leben einem Bauplan folge, was wiederum auf eine causa finalis, eine göttliche Endursache verweise.